Was ist ein Home Energy Management System?
Was sind Home Energy Management Systeme genau und welche Aufgaben übernehmen sie?
René Zerwes: "Ein HEMS ist ein kleiner Computer, der bei der Energieversorgung eines Ein- bzw. Zweifamilienhauses die Rolle der Energie-Schaltzentrale übernimmt. Hierzu verfügt das HEMS über Schnittstellen und Treiber, um mit Komponenten wie dem Wechselrichter der PV-Anlage, dem Smart Meter, der Wallbox oder der Wärmepumpe zu kommunizieren – idealerweise auch dann, wenn diese von verschiedenen Herstellern kommen. Das HEMS stellt hierbei sicher, dass ein optimaler Betriebszustand eingehalten wird.
Dabei ist die HEMS-Software grundsätzlich so konzeptioniert, dass Anwendungsfälle erfüllt werden, die das Leben der Benutzer*innen erleichtern können. Bei E-Autofahrer*innen, die häufig ihr Fahrzeug nutzen, kann das HEMS bspw. sicherstellen, dass möglichst viel Solarstrom zum Laden des E-Autos aufgewendet wird, indem Prognosen und Benutzereinstellungen berücksichtigt werden.
Außerdem ist das HEMS mit seiner Software in der Lage, Daten der jeweiligen Komponenten abzufragen, zu abstrahieren und lokal oder über das Internet Daten für Benutzer*innen anschaulich bereitzustellen. Gleichzeitig bietet das HEMS die Möglichkeit, weitere Services wie eine Remote-Fehlerbehebung oder Wartung in Anspruch zu nehmen.
Des Weiteren ermöglicht das HEMS die Vernetzung mit anderen Ein- bzw. Zweifamilienhäusern mit PV-Anlagen, die ihren Strom selbst erzeugen und nutzen (sogenannte Prosumer), oder einem virtuellen Kraftwerk zur Teilnahme am Strommarkt."
Das Zuhause wird immer „smarter“. Wie leicht sind HEMS in das Smart Home einbindbar und welche Voraussetzungen müssen für eine richtige Implementierung erfüllt sein?
René Zerwes: "Leider ist die Verschmelzung zwischen Energie und Smart Home noch nicht weit verbreitet. Das liegt sicherlich v.a. daran, dass Smart Home breiter in die Haushalte getragen werden, kann als ein HEMS, welches i.d.R. Eigenheimbesitzern vorenthalten bleibt. Allerdings gibt es Plattformen, die genau dort ansetzen und beide Welten verschmelzen können. Das findet aktuell v.a. im Wärmebereich statt.
Die Herausforderung liegt sicherlich auch darin, dass es noch kein etabliertes Kommunikationsprotokoll im Energiebereich gibt, von dem aus man eine Brücke zu Smart Home Ökosystemen bauen kann, wo sich gerade Standards etablieren. Die Verschmelzung findet aktuell wohl eher auf Tüftler*innen-Ebene in Deutschlands statt.
Voraussetzungen für eine richtige Implementierung sind also etablierte Protokolle aus beiden Welten, um die Variantenvielfalt zu reduzieren. Ein Ökosystem wie dieses muss dann in der Lage sein, Nutzen für ein breites Spektrum an Bedürfnissen von Benutzer*innen zu generieren. Da ist am Anfang manchmal weniger mehr.“
Wie spart ein Home Energy Management System Strom?
Die Energiekrise zeigt jedem, dass ein effizientes Steuern von der Energie zu Hause wichtig ist. Inwieweit kann ein HEMS hier Abhilfe leisten und ist jede Energiezufuhr damit verbindbar?
René Zerwes: „Die „Energiezufuhr” der Wahl sollte Ökostrom sein, denn den kann jede*r selbst zuhause und klimaneutral produzieren. Das funktioniert weder mit Gas, Öl noch mit Holz. Ein HEMS kann dabei helfen, das maximale Potential des selbst erzeugten Stroms durch eine PV-Anlage zu nutzen. Voraussetzung dafür ist die Elektrifizierung der Energiesektoren in einem Haushalt, in die zunächst investiert werden muss – neben der PV-Anlage also in E-Auto, Wallbox und/oder Wärmepumpe. Diese flexiblen elektrischen Verbraucher können an ein HEMS angebunden werden, um auf der einen Seite den Eigenverbrauch zu steigern und auf der anderen Seite die Abhängigkeit vom Stromnetz und damit von hohen Strompreisen zu reduzieren. Mithilfe eines Batteriespeichers lässt sich der Autarkiegrad weiter steigern und dürfte auf ein Jahr gesehen bei ca. 30-40% liegen. Unter besten Bedingungen können Algorithmen zusätzlich dafür sorgen, dass etwa zusätzlich 10% mehr Strom durch flexible Verbraucher selbst verbraucht werden kann.“
Für wen sind HEMS derzeit interessant?
„Für alle Prosumer. Für alle, die Kontrolle über ihre Stromrechnung erhalten möchten. Oder auch einfach nur für alle, die sich keine Gedanken um ihr Energiesystem mehr machen möchten und gerne mal die Kontrolle abgeben, weil das HEMS alles übernimmt. Vorbehalten bleibt es wohl den Prosumern, da erst dort ein HEMS sein volles Potential entfalten kann.“
Welche Entwicklungen erwarten Sie in der Gesellschaft? Werden solche smarten Energie Management Systeme bald in jedem Neubau implementiert?
René Zerwes: „Ich gehe davon aus, dass jeder Prosumer-Haushalt zukünftig ein HEMS besitzen wird. Wann dies allerdings erreicht wird, lässt sich schwer voraussagen, denn aktuell sind wir davon noch weit entfernt. Bislang nutzen nur 2,4% der Prosumer in Deutschland ein HEMS, wie unser diesjähriger Prosumer-Report zeigt. Um die Entwicklung weiter voranzutreiben, müssen wir die Relevanz und den Nutzen des HEMS für seine Benutzer*innen kontinuierlich hervorheben. Zudem bin ich mir sicher, dass man zukünftig mit dem Kauf einer Wärmepumpe oder eines Batteriespeichers direkt ein Hardware-integriertes (embedded) HEMS erhält, so dass man sich nicht mehr aktiv für eines entscheiden muss. Das würde die Verbreitung natürlich weiter vereinfachen.“
Wie integriert LichtBlick solche HEMS bereits in seine Leistungen?
René Zerwes: „Das LichtBlick HEMS ist fester und zentraler Bestandteil von jedem Prosumer-Energiesystem, das wir unserer Kundschaft anbieten. Dabei stellen wir sicher, dass unser HEMS ein Ökosystem darstellt, welches unabhängig von Komponenten und Herstellern erweitert werden kann. Unser HEMS sorgt für die lokale Optimierung des Eigenverbrauchs und stellt Daten für eine Web und Mobile App zur Verfügung, so dass in Echtzeit jederzeit der Status des Energiesystems abgerufen werden kann. Dabei ist uns vor allem wichtig, dass wir unseren Kund*innen transparent machen, wie unabhängig sie aktuell vom Stromnetz sind. Das HEMS stellt zudem die Schnittstelle zu unserem virtuellen Kraftwerk her und ist Schlüsselelement für z.B. die Vermarktung von Solarstrom.“
Danke für das spannende Gespräch an René Zerwes, Prosumer Experte bei LichtBlick.
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